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Die Mürwiker Band

Mürwiker Band

Ganz weit oben, in den nördlichsten Prärien Deutschlands, fast schon in Dänemark, findet sich auch eine Groß-, na ja, eine bekannte Stadt. Flensburg. Und dort, im schwer durchschaubaren Dschungel der Flensburger Industrie-Gebiete, Richtung „Westliche Höhe“, in der Raiffeisenstraße, ist der Sitz der „Mürwiker Werkstätten“.

„Die Mürwiker“, das ist inzwischen ein Begriff in Flensburg. Mit 700 Mitarbeitern (fast alle von ihnen in irgendeiner Weise gehandicapt) und 300 anleitenden Mitarbeiter/innen gehören die Mürwiker“ inzwischen zu den bedeutenden und etablierten Wirtschaftsbetrieben in Flensburg.Die Bereiche in denen hier gearbeitet wird, sind wirklich zahlreich. Dazu gehören Metallverarbeitung, Holzpflege und –Verarbeitung, artgerechte Tierhaltung, das Sticken von Logos, verschiedene Zulieferarbeiten, Autopflege und noch vieles mehr. Die meisten Arbeiten werden im Auftrag von anderen Firmen ausgeführt.

Irgendwann, Anfang des Jahrtausends, als die meisten noch dachten, dass jetzt alles viel besser wird, kam auch jemand in den „Mürwiker Werkstätten“ auf die glorreiche Idee, dass man mit Musik  der arbeitenden Bevölkerung das Leben deutlich angenehmer machen könnte.

Es war im Mai des noch ganz frischen neuen Jahrtausends, als in den „Mürwiker Werkstätten“ ein Kurs über Musik angeboten wurde. Während dieses Kurses sprang ein gewisser „Funke“ über. Zunächst auf Stephan Lind. Stephan arbeitete zwar schon seit einiger Zeit bei den Mürwikern; aber als Musiker, der er ja auch ist, war er bis dato nicht in Erscheinung getreten.

Nun begann er, Morgenluft zu wittern. „Warum eigentlich,“ so oder ähnlich dachte er, „warum sollten wir nicht auch hier diese ganze Sache in die Praxis umsetzen und den Mädels und Jungs das saure Arbeitsleben ein bisschen versüßen?“ Musik versüßt nämlich das Leben. Zumindest denen, die Spaß dran haben. Und das sind die meisten.

Gedacht, gesagt, getan. Stephan begann, die Leute zu fragen, wer denn Lust hätte, hier, also in der Werkstatt, ein bisschen Musik zu machen.

Ob sich jetzt ¾ der ganzen Belegschaft sofort meldeten, weil sie die Chance witterten, wenigstens für ein paar Stunden der schweißtreibenden Arbeit zu entfliehen, ist nicht bekannt.

Tatsache ist jedoch, dass ein Menge Leute das gut fanden und mitmachen wollten. Und so ging das Ganze los.

Wie fängt man nun so etwas an? Am besten damit, dass man das macht, was alle können. In diesem Falle also singen. Ganz einfach singen. Also startete  die Geschichte zunächst als eine Gesangsgruppe. Dann kam irgendwann eine Blockflöte dazu. Ja, richtig gelesen, die Mürwiker Band startete mit einer Blockflöte. Irgendwann brachte jemand eine Gitarre mit. Und Stephan brachte natürlich seine Gitarre auch irgendwann mit.

Und so begann der Stein langsam zu rollen und nahm immer mehr Fahrt auf. Hat da gerade jemand „Rolling Stones“ gesagt oder gedacht, ….na ja, ist ja auch egal. Jedenfalls begannen die Dinge sich zu entwickeln. Langsam.

Die Gesangsgruppe vermisste den Rhythmus, die Gitarre alleine reichte nicht mehr, deswegen wurden Percussion-Instrumente angeschafft. Die Betriebsleitung, längst aufmerksam auf die Sache geworden, spendierte  ein nagelneues Keyboard. Es wurden immer mehr und mehr Instrumente.

Auch die 2 Stunden, die man am Anfang noch zum Üben brauchte, reichten nicht lange. Aus 2 wurden 4 Stunden, dann ein ganzer Nachmittag. Und schließlich bekam Stephan einen ganzen Tag zur Verfügung gestellt. Denn Stephan, als Initiator und Verantwortlicher der Sache, brauchte natürlich Immer mehr Zeit, um alles vorzubereiten. Das war ja inzwischen eine ganze Menge geworden. Räumlichkeiten organisieren, mit den Werkstätten Termine absprechen, Instrumente besorgen und checken, für die ganze Technik sorgen usw. usw. Deswegen hatte er inzwischen Norbert um Mithilfe angefragt. Norbert und Stephan kannten sich schon lange. Sie hatten früher schon zusammen Musik gemacht. Norbert sang und/oder spielte Keyboards und Stephan spielte Schlagzeug.

Norbert zeigte sich sehr angetan und interessiert und, was soll man sagen, seitdem sind die zwei die „Leader“ der Band und stehen den eigentlichen Musikern mit Rat und vor allen Dingen Tat zur Seite.

Jetzt war also noch ein Mensch da, der die Sache beflügeln wollte und so kam es dann auch. Es kamen allmählich immer mehr Instrumente zu der Gesangsgruppe. Das Ganze wurde immer von der Leitung unterstützt und nach vier bis fünf Jahren war aus der „Musik-Gruppen-Therapie“ eine richtige Band geworden.

„Die Mürwiker Band“ , so nannten und nennen sie sich immer noch, wollte aber nicht immer nur üben, sondern natürlich auch auftreten. Man will ja auf der Bühne stehen und den Leuten zeigen, was man kann.

Tja, was tun? Das war gar nicht so schwer. Denn so allmählich wollten auch alle die Mitarbeiter, die bisher mit Rat, Tat und vor allen Dingen auch Geld geholfen hatten, gerne mal wissen, ob sich das denn auch gelohnt hat.

Und so begann die Band damit, bei kleineren firmeninternen Feiern und Festen aufzutreten. Und was soll man sagen? Die Leute waren restlos begeistert und sagten, das müsst ihr unbedingt weiter machen. Das muss unterstützt werden. Es gab also immer mehr Auftritte. Man traute sich aus der Firma hinaus in die weite Welt. Und nachdem man die anfängliche Nervosität und das Lampenfieber überwunden hatte, merkte man schnell, dass das ja gar nicht nötig war. Denn auch woanders waren die Leute schnell mit der Musik zu begeistern und das Ganze machte immer mehr Spaß!

Es war also wirklich nicht nötig, sich vorher in die Hosen zu machen.

Inzwischen sieht die Sache deutlich anders aus. Das Interesse an Auftritten der Mürwiker Band ist riesig geworden. Es hat eine großartige Entwicklung in Richtung immer mehr Öffentlichkeit stattgefunden.

Die Bandbreite der Auftritte reicht von Kinderfesten bis zu geschlossenen Veranstaltungen im LionsClub. Auch räumlich werden immer größere Kreise gezogen. Von Flensburg zum Norden, dann nach ganz Deutschland. Und dann wagte man sich an die Grenzen. Zunächst noch an die angrenzenden Grenzen?? Kleiner Scherz. Dänemark, Holland, Österreich.

Ebendort, in Österreich/Graz fand auch der bisher größte Auftritt statt. 2007 haben die Mürwiker dort beim SongContestFestival mitgespielt. Sie haben zwar nicht gewonnen, aber dieser Auftritt, vor über 3ooo Zuschauern hat bei fast Allen den größten Eindruck hinterlassen.

Was ist das denn eigentlich für eine Musik, die „Die Mürwiker“ machen? Es ist eine Mischung aus allem, also Pop, Rock, etwas Folk ist auch dabei, Oldies, Deutsches, Schlager, also wirklich quer Beet. Das ist deswegen so, weil auch die Vorlieben der Bandmitglieder sehr unterschiedlich sind.Vom „Schleswig-Holstein-Lied“ über „Rosenstolz“ bis „Rammstein“ ist alles dabei.

Momentan zählt die Band 15 Mitglieder. Diese Zahl variiert etwas, auch aus Krankheits-Gründen.  Stephan sagte mir einmal, wenn er sich nach dem Bedarf richten würde, könnte die Band auch aus 60 Mitgliedern bestehen. Aber 15 Menschen reichen erstmal. Es gibt Schlagzeug, Bass, Percussion, Gitarre, Keyboards, einen Chor und natürlich die beiden Leader. Die Mitglieder heißen augenblicklich, inklusive der beiden Leader, Anne, Emanuel, Riad, Sintje, Madeleine, Frank, Stephan, Laura, Ramona, Andrea, Tanja, Norbert, Benett, Armin und Peter.

„Die Mürwiker Band“ ist inzwischen eine Institution und eine einmalige Sache. Es besteht eine ungeheuer große Nachfrage und zu den bisherigen (ca.100) Auftritten kommen ständig neue hinzu. Es besteht Kontakt zu anderen Handicap-Bands und man befindet sich in permanenter Bewegung und Entwicklung. Oder, wie Stephan es einmal sagte, „für uns ist der Weg das Ziel“.

Um also noch einmal auf das Anfangsthema, man erinnert sich vielleicht, „Menschen mit Handicaps machen Musik“,  zurück zu kommen, kann bei der „Mürwiker Band“ wirklich von gelebter Inklusion gesprochen werden. Das Wort Inklusion will das Zusammenleben und/oder –arbeiten von sog. Normalen mit sog. Gehandicapten ausdrücken.
Inklusion ist also ein weiterer Schritt hin zu echter „Normalität“. Zu einer Normalität, die keine trennenden Unterschiede mehr macht zwischen den Menschen, sondern das Ziel einer konstruktiven Produktivität nach allen Richtungen hat, was man auch nennen kann: Jeder gebe nach seinen Fähigkeiten und empfange nach seinen Bedürfnissen. Oder, wie es in dem Refrain eines bekannten Songs heißt: „Learning to live together“.

Hören Sie auch unsere Audiodatei zu diesem Thema

©Peter Kloß

 

 

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