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Aktionswoche „Gelebte Inklusion“ – Teil 3

29. Mai 2012, von «bequa»

Gemäß des diesjährigen Mottos „Jede Barriere ist eine zu viel“, fanden in der Flensburger Waldschule in der Woche vom 30.04. bis 04.05.2012 drei Aktionstage statt. Kinder mit und ohne Handicaps konnten voneinander lernen, wie unterschiedlich Sinne und Wahrnehmungen für jeden einzelnen Menschen sind. Dadurch sollte auf spielerische Weise und mit selbst gemachten Erfahrungen das gegenseitige Verständnis gefördert werden.

Rollstuhl ParcoursRollstuhl Parcours

Donnerstag, 03.05.2012

Der dritte Tag der Projektwoche stand im Zeichen der „hohen Gäste“ aus Politik, Medien und Verwaltung. Zeitungs-Reporter und Journalisten führten Interviews mit anwesenden Schülern und Schülerinnen, ihren Lehrkräften, dem neuen Behindertenbeauftragen der Stadt Flensburg, Christian Eckert, und weiteren Anwesenden.  
Auch die verschiedenen Aktionen konnten und wollten heute wieder durchlaufen werden – diesmal allerdings nicht nur von den Schülern selbst, sondern auch von den „Erwachsenen“. Insbesondere Christian Eckert war sehr angetan von den Aktionen und voll des Lobes. „Super Aktion !! So etwas muss viel öfter und in Zusammenarbeit mit noch mehr Schulen durchgeführt werden“, war sein Resümee und er versprach den Initiatoren, sich dafür einzubringen, dass solche ähnlichen Aktionen zukünftig in Flensburg des Öfteren stattfinden können und werden.
Drei Stunden hatte sich Herr Eckert Zeit genommen, sich anzusehen, was die Kinder alles aufgebaut hatten. Und so ging er mit den Schülerinnen und Schülern von Station zu Station und probierte alles aus, was ihm sichtlich Spaß machte. Danach hatte er sogar noch Zeit, sich von uns interviewen zu lassen.

R4H: Herr Eckert, sind solche Aktionstage wie diese hier eine Unterstützung für ihre Arbeit?

Herr Eckert: „ Das kann ich definitiv mit Ja beantworten. Es ist so, dass einfach noch um die ganze Behindertenpolitik viel zu wenig publiziert wird. Es muss deutlich mehr werden. Wir haben ca. 8000 behinderte Menschen hier in Flensburg als Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Wir müssen mehr die Werbetrommel rühren, definitiv und dafür sind solche Aktionen wie hier hervorragend. Als sie mich vor eineinhalb Wochen gefragt haben, ob ich hier heute dabei sein kann und möchte, musste ich genau eine halbe Sekunde überlegen und zwar bin ich sehr gerne gekommen. Wir müssen für solche Aktionen unbedingt mehr Werbung machen.“

R4H: „Nun waren sie ja zwei Stunden hier, sind ja auch von den Kindern rumgeführt worden, und jetzt mal ihr Resümee, ihr Eindruck von dieser Aktion, mitten im Geschehen dabei gewesen zu sein: wie hat ihnen das gefallen und wie haben sie die Kinder gesehen und wie beurteilen sie, wie die Kinder das ganze aufgenommen haben?“

Herr Eckert: „Die Kinder, die hier heute mitgemacht haben, waren fantastisch. Ich habe selber zwei kleine eigene Kinder und ich weiß, dass Kinder immer so schön ehrlich sind und einfach keine Hemmungen haben, keine Berührungsängste. Deswegen ist es gut, dass man auch von Anfang an den Kindern mitteilt, dass behinderte Menschen ein Teil des Ganzen sind und auch immer bleiben werden. Ich war angenehm überrascht, bzw. sehr angetan, wie die Kinder damit umgegangen sind. Also ich kann ihnen sagen, dass die erwachsenen Menschen mit denen ich auch beruflich zu tun habe, deutlich mehr Berührungsängste und Hemmungen haben und sich auch auf Projektbereiche wie Fühlen, Hören, Sehen einzulassen, als bei den Kindern. Und ich hätte wirklich nicht gedacht, dass es so einfach ist, mit den Kinder diesbezüglich auszukommen und wie gerne sie mir auch diese Projekte hier gezeigt haben, die die Kinder selber aufgestellt haben. Es hat mir irre Spaß gemacht, diese Nutellabrote zu schmieren und das Glas Wasser einzuschenken. Da würde ich am liebsten jetzt noch sitzen und das machen wollen. Und nicht weil es mir so geschmeckt hat, sondern weil es mir auch wirklich Spaß gemacht hat. Und ich finde es schön, ohne dass das wirklich aufdringlich sein soll, dass man vielleicht mal nichtbehinderte Menschen temporär in eine Situation der Behinderung führen darf und kann.“

R4H: „Gibt es ähnliche Projekte hier in Flensburg oder in Schleswig-Holstein?“

Herr Eckert: „ Das kann ich ihnen noch nicht so richtig beantworten. Ich bin erst seit sechs bis sieben Wochen in dieser Funktion tätig. Gleichwohl ich natürlich immer die Tagespresse verfolge. Es gibt zum Beispiel eine Motorradtour, die hier in Flensburg veranstaltet wird, aber auch in Husum, wo behinderte Menschen auch dran teilnehmen können, indem sie im Beiwagen sitzen, also vorrangig Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer. Dann den Mobicup. Das ist ja eines ihrer Projekte, das ist mir von Anfang an nicht unbekannt gewesen. Aber um ihre Frage konkret zu beantworten, gibt es auf jeden fall zu wenig solcher Projekte.“

R4H: „Ja, was sie eben ansprachen ist der sogenannte Motorradgottesdienst, der am kommenden Samstag stattfindet. R4H ist auch da Medienpartner. Da sind auch viele psychisch behinderte Menschen dabei von den Mürwikern und die machen dort Stadtrundfahrten, das ist auch eine ganz tolle Sache. Um noch mal auf ihr Amt zurückzukommen, was sind die vorrangigen Ziele für die Behindertenarbeit hier in Flensburg?“

Herr Eckert: „Es muss selbstverständlich sein, dass die behinderten Menschen ein Teil des Ganzen sind. Sie müssen integriert werden. Wir haben die Behindertenrechtskonventionen, das ist ja ein völkerrechtlicher Vertrag, der ja bereits bestehende Verhältnisse noch einmal konkretisiert hat. Das ist immer so schön und gut, wenn das irgendwo geschrieben steht und wenn Politiker so etwas abschließen. Das Ganze muss aber gelebt werden, das ist der Punkt. Und da ist mir das, verzeihen sie mir bitte, auch völlig wurscht, wo es steht. Es muss selbstverständlich sein. Ich muss nicht erst mit einem Gesetz drohen oder damit wedeln oder einem Vertrag, der abgeschlossen wurde. Und deswegen ist es so wichtig, dass es solche Institutionen gibt, wie den Beauftragten für Menschen mit Behinderungen hier in Flensburg. Mein Antrieb ist immer derjenige, weil ich auch selbst schwerbehindert bin, zu sagen, die müssen zueinander finden. Es muss selbstverständlich sein, dass jemand vielleicht nicht alle Gliedmaßen besitzt, nicht gut sehen kann, nicht gut hören kann und es muss einfach auch selbstverständlich sein, dass diesen Menschen, wenn sie es denn wollen, auch geholfen wird. Ich muss von nichtbehinderten Menschen viermal gefragt werden, ob mir geholfen werden soll. Einmal freundlich fragen. Dann kann ich auch, wenn ich gerade keine Hilfe benötige, freundlich ablehnen. Aber viermal gefragt werden muss ich auch nicht. Das wollen ja auch die Nichtbehinderten. Die wollen ja auch nicht viermal gefragt werden in einem Hosenladen, welche Hose man benötigt. Also, es wollen alle gleichbehandelt werden.“

R4H: „ Herr Eckert. Ich danke ihnen für dieses tolle Gespräch und dafür, dass sie gekommen sind und sich diese Zeit genommen haben, an diesem Projekt hier teilzunehmen.“

Herr Eckert: „Sehr gerne. Ich habe ihnen zu danken und zum Schluss vielleicht was ihre Frage zuvor betroffen hat, noch einmal ein Veranstaltungshinweis. Am 21.06.2012 gibt es eine Sportveranstaltung hier in Flensburg vom Holländer Hof. Und zwar gibt es dort ein Down Syndrom – Leichtathletik Fest. Das ist von 10 bis 15 Uhr. Dort werde ich auch so gegen 14.15 Uhr zugegen sein. Vielleicht haben sie ja auch die Möglichkeit, würde mich freuen, auch dort zu sein und zu berichten. Vielen Dank.“

Auch das Flensburger Tageblatt war an diesem Aktionstag vor Ort und konnte ihm noch einige interessante Antworten entlocken.

Flensburger Tageblatt: „Was halten sie von dem Projekt hier?“

Herr Eckert: „Sehr viel. Und zwar, weil man so früh wie möglich damit anfangen muss, behinderte Menschen mit nichtbehinderten Menschen zusammenzubringen. Weil es für die nichtbehinderten Menschen insbesondere im Kindheitsalter wichtig sein muss, dass die wissen, dass behinderte Menschen immer da sind, immer da sein werden und einfach Teil der Gesellschaft sind und keine besondere Art und Weise benötigen, wie man sie behandelt. Es sei denn, sie erwünschen es. Ich werde ganz oft auch in meinem Hauptberuf gefragt, was können wir tun, wenn wir auf behinderte Menschen treffen. Und es ist immer so, diese Berührungsangst, die bei den nichtbehinderten Menschen aufkommt wenn sie auf Menschen mit Behinderung treffen. Krasse Fragen, die mir gestellt worden sind, sind zum Beispiel: darf ich diesen Menschen anfassen. Und wenn man dann weiß um die Art der Behinderung, also wenn das die behinderten Menschen selber publiziert haben, und sich einigermaßen mit diesen Krankheitsbildern auskennt, dann ist es, um ein Beispiel zu nennen, bei Epilepsie, da muss man zum Beispiel wissen, dass ungünstige Lichteinwirkungen auf einen Anfall hinwirken können. Und dann muss man wissen, dass man zum Beispiel diejenigen, wenn sie dann einen Anfall erleiden, nur in eine stabile Seitenlage legen muss, ohne besondere Maßnahmen zu ergreifen. Die erholen sich dann von alleine. Muss man aber vorher wissen. Manche Menschen können über ihre Behinderung sprechen und manche auch nicht. Das ist halt unterschiedlich und deswegen muss man von Anfang an, deswegen sind solche Projekte wie dieses so wichtig, die Kinder wissen lassen, dass es selbstverständlich ist, dass es behinderte Menschen gibt und dass sie einfach ein Teil des Ganzen sind. Damit kann man nicht früh genug beginnen.“

Flensburger Tageblatt: „Gehen Kinder anders mit Menschen mit Behinderung um als andere?“

Herr Eckert: „Ja, definitiv. Aufgrund dessen, weil die Kinder keine Berührungsängste haben. Kinder sind von Grund auf ehrlich. Ein Beispiel: Als Kind, da war ich acht oder neun Jahre alt, bin durch einen Supermarkt und es war eine Mutter mit einem Kind da und dieses Kind, ungefähr mein Alter, fragte seine Mutter: Was hat denn der da? Mit der da war ich gemeint und seine Mutter sagte nur: Guck da nicht so hin! Und sie hat das Kind weggezogen. Kinder sind aber ehrlich. Die machen sich keine Gedanken darüber, was sie sagen. Und ich hab es dann ein paar Jahre später erlebt, das war auch im Supermarkt, aber ein anderes Kind, das fragte: Mama was hat denn das Kind da? Und da sagte die Mutter: Geh doch hin und frag ihn. Dann hab ich das ganz in Ruhe erklärt, auch den Kindern meiner Brüder was es einfach ist. Von Geburt an ist meine Behinderung und dass ich so aufgewachsen bin, dass es total normal ist. Und meine Tochter sagte mal zu meinem rechten Arm, der bis zur Hälfte gewachsen ist, das ist die Nemo Flosse. Die ist vier, meine Tochter.“

Flensburger Tageblatt: „ Würden sie sagen, dass ihr Leben anders ist als das Leben von Menschen ohne Behinderung?“

Herr Eckert: „Ja, definitiv. Also das sagt auch meine Frau über mich. Ich glaube nicht, dass ich mich so intensiv für die Rechte und Interessen der behinderten Menschen einsetzen würde, wenn ich selber nicht schwerbehindert sein würde. Ich bin jetzt seit 1991 im öffentlichen Dienst und es gibt ja gewisse Gesetze, die dort zu Buche schlagen. Also die Rechte der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und dort hab ich immer wieder erkannt, dass diese Rechte viel zu wenig publiziert werden. Und das ist immer mein Antrieb, diesen Menschen zu helfen und ich bin der Meinung, dass in Deutschland die Rechte der schwerbehinderten Menschen einfach viel zu wenig kommuniziert und publiziert werden. Und das ist mein Antrieb, weil ich selber auch natürlich jetzt objektiv sagen kann, wie es ist, dass ich schwerbehindert bin. Gleichwohl ich auch sagen muss, dass jede Behinderung immer individuell ist. Es gibt einen Menschen, wo ich arbeite, im Kraftfahrtbundesamt, der subjektiv gesehen die gleiche Behinderung hat wie ich, der damit aber ganz anders umgeht. Egal welche Facetten. Sowohl positiv als auch negativ. Deswegen darf man sich davon nicht beeinflussen lassen, dass man der Meinung ist, na ja, meine Nachbarin hat die gleiche Behinderung, die kann das und wieso kannst du das nicht. Jede Behinderung, sei es, dass sie noch so subjektiv gleich erscheint, ist immer individuell. Das hat natürlich auch viel mit der Psyche zu tun, wie man mit einer Behinderung umgeht.“

Flensburger Tageblatt: „Wer darf sich alles wann an sie wenden?“

Herr Eckert: „Also die erste Frage beantworte ich am liebsten, vor allem wer. Das sind natürlich alle, die Fragen haben, was Behinderung/Schwerbehinderung betrifft. Ich bin ja jetzt gewählt worden von der Ratsversammlung der Stadt Flensburg zum Beauftragten für Menschen mit Behinderungen. Das beantwortet auch gleich ihre erste Frage. Also diejenigen Menschen, die eine Behinderung haben. Bürgerinnen und Bürger der Stadt Flensburg sind vorrangig. Für die bin ich da, zu unterstützen. Auch natürlich mit Blick auf die Barrierefreiheit in Flensburg, was auch mein gestecktes Ziel für die nächsten Jahre ist. Weil ich der Meinung bin, dass in Flensburg einiges noch besser laufen kann, was die Barrierefreiheit betrifft. Ich guck mir da ein bis zwei Bushaltestellen an, guck mir aber insbesondere die privaten Einrichtungen an, seien es Supermärkte, seien es Restaurants. Das Schlimmste für einen Rollstuhlfahrer ist ein Kellerrestaurant mit Treppe. Oder, um ein Beispiel zu nennen, die Galerie Flensburg hat jetzt, wann wurde die erbaut, vor sieben bis acht Jahren ungefähr, und ich glaube seit zwei Jahren haben sie erst den automatischen Türöffner. Also deutlich viel zu spät. Und der automatische Türöffner ist ja nicht nur für die Gehbehinderten sinnvoll, sondern auch zum Beispiel für die jungen Väter und Mütter mit den Kinderwagen. Also die Barrierefreiheit ist natürlich auch immer gut für die, die keine Behinderung haben. Ein automatischer Türöffner ist für alle Menschen hervorragend. Aber das muss auch immer sein. Das ist ein Grundrecht von schwerbehinderten Menschen, dass die Einrichtungen, insbesondere öffentliche Einrichtungen, barrierefrei sind. Ohne fremde Hilfe zu erreichen sind.“

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